Das Auschwitz-Komitee beobachtet den Prozess am Hamburger Jugendschwurgericht im Verfahren gegen Bruno D. (jetzt 93), Aufseher im KZ Stutthof.
Das Tagebuch:
37. Verhandlungstag, Freitag, 19.06.2020
Heute wurde die Befragung des Gutachters Dr. Stefanos Hotamanidis fortgesetzt, der die Jugend Bruno Ds (nur bis zum 18. Geburtstag, also nur wenige Wochen des KZ-Dienstes) begutachtete. Dies ist der zweite Sitzungstag mit ihm, über den ersten gibt es keinen Bericht. Der Verteidiger Waterkamp fragte, ob die damalige Volljährigkeit mit 21 bedeute, dass damals die…
39. Verhandlungstag, Mittwoch, 01.07. 2020
Das Gericht lehnte den Antrag des Verteidigers, ein sozial-psychologisches Gutachten einzuholen, ab. Waterkamp hatte es damit begründet, dass D. zu Befehl und Gehorsam erzogen worden sei und ihn die Führung der zweiten Kompanie der Wachmannschaft besonders stark in Richtung „Geist der Kameradschaft“ beeinflusst habe. D. seien daher subjektiv keine anderen Handlungsoptionen sichtbar gewesen. Dass Gericht…
40. Verhandlungstag, Montag, 06.07.2020
Verlesung der Aussagen von zwei Nebenklägerinnen, Plädoyer des Staatsanwalts Zu Beginn kündigt die Richterin an, dass sie die Zeugenaussagen von zwei Nebenklägerinnen verlesen wird, beides hochbetagte Frauen, die heute in Israel bzw. den USA leben und aus Altersgründen die Reise zum Prozess nach Hamburg nicht antreten können. Bei der ersten Zeugin handelt es sich um…
41. Verhandlungstag, Dienstag, 07.07.2020
Nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft am letzten Verhandlungstag, begannen heute die ersten Anwälte der Nebenklage mit ihren Plädoyers. Zunächst ergriff RA Rückel, der u.a. den Zeugen Henri Zajdenwerger vertritt, das Wort. Rückel zitierte zu Beginn Bertolt Brecht mit dem Worten: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Anschließend erklärte er, dass die rechtliche…
42. Verhandlungtag, Dienstag, 14.07.2020
Fortsetzung von Plädoyers der Nebenklagevertretung Es begann der Anwalt Barba. Juristisch sei durch das Teilgeständnis des Angeklagten die Anklage bestätigt worden, auch wenn der Angeklagte kein Schuldbewusstsein erkennen lasse. Denn „wer dabei war, hat sich schuldig gemacht. Ohne den Dienst der Bewacher wären die KZ-Häftlinge nicht in Stutthof geblieben, auch wenn der Angeklagte nur das…
43. Verhandlungstag, Freitag, 17.07.2020
Zu Beginn der Verhandlung trat die Richterin noch einmal kurz in die Beweisaufnahme ein, um zu verkünden, dass u.a. auch die versuchte Beihilfe zum Mord an den Angehörigen der Nebenkläger_innen in Betracht zu ziehen sei. Dann setzte RA Nestler die Plädoyers der Nebenklage fort. Nestler begann seine Ausführungen mit einer Geschichte seiner Mandantin Judith Meisel,…
44. Verhandlungstag, Montag, 20.07.2020
Plädoyer Verteidigung und letzte Worte des Angeklagten Bruno D. Der verteidigende Anwalt Stefan Waterkamp begann sein Plädoyer mit der Aussage, die nationalsozialistischen Verbrechen seien unbegreiflich und unverzeihlich, auch die, die im KZ Stutthof begangen wurden. Was im Prozess gesagt worden sei, habe allen den Atem stocken lassen und die Berichte seien auch an Bruno D….
45. Verhandlungstag, Donnerstag, 23. Juli 2020 (Urteilsverkündung)
Bruno Dey wurde zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Er muss nicht die Verfahrenskosten tragen, aber die Kosten seines Anwalts. Er ist wegen Beihilfe zum Mord in 5232 Fällen schuldig und wegen versuchten Mordes in einem Fall. Bruno Dey zeigte keine sichtbaren Reaktionen und auch bei seinen Verwandten, die zu siebt gekommen waren, fiel…