Wir haben mit dem Landesverein der Sinti in Hamburg, Rom und Cinti Union und Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Hamburg e. V. einen Brief an Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft gesendet, dass neben dem Wort Antisemitismus auch das Wort Antiziganismus in die sogenannte Antifaklausel aufgenommen wird.
Am Mittwoch will die Hamburgische Bürgerschaft über den interfraktionellen Antrag von Grüne, SPD und CDU zur Änderung der Präambel der Hamburger Verfassung abstimmen. Betroffenenverbände haben sich jetzt mit einem Brief an die Fraktionen des Parlaments gewandt und eine Ergänzung des Textes angemahnt (siehe Anhang). Sie fordern eine klare Positionierung gegen Antiziganismus. Roma und Sinti leben seit mehr als 600 Jahren in Hamburg. Fast alle fielen dem Antiziganismus der Hamburger Politik und Verwaltung während des Nationalsozialismus zum Opfer. Neuesten Erkenntnissen zufolge, wurden fast eine Million europäische Sinti und Roma im Namen des antiziganistischen Rassenwahns ermordet. Die Lehren aus den nationalsozialistischen Verbrechen gebieten ein klares Bekenntnis zum Schutz von Sinti und Roma, so die Verfasser. Doch offenbar stellen sich SPD und CDU gegen eine Änderung.
Arnold Weiß vom Landesverein der Sinti in Hamburg e. V.: „Mit dem Ende der Naziherrschaft konnten nur wenige Sinti und Roma aus den Konzentrationslagern entkommen. Doch für die Überlebenden des Pharraijmos bedeutete das nur Freigang, keine echte Befreiung. Denn ihr Leid wurde in der Gesellschaft nicht anerkannt, die Ausgrenzung setzte sich fort. Die Abgeordneten tragen eine Verantwortung, diesen Fehler zu korrigieren.“
Rudko Kawczynski von der Rom und Cinti Union e. V.: „Als Sinti und Roma sind wir noch immer Vorurteilen, Ablehnung und Diskriminierung ausgesetzt. Echte gesellschaftliche Teilhabe erfordert die Anerkennung des historischen Leids. Dem muss eine geänderte Hamburger Verfassung Rechnung tragen.“
Zum Hintergrund: Ganz im Sinne der NS-Rassenideologie wurden Roma und Sinti ebenso wie Jüdinnen und Juden verfolgt und systematisch vernichtet. Anders als der Antisemitismus wurde der Antiziganismus bislang kaum aufgearbeitet. Der renommierte Berliner Historiker Prof. Dr. Wolfgang Wippermann hat den Antiziganismus in Deutschland als „kulturellen Kodex der Gesellschaft“ bezeichnet. Es wird Zeit, dass dieser „Kodex“ endlich auch aus der Hamburgischen Gesellschaft entfernt wird. Die Gleichstellung des Antiziganismus mit dem Antisemitismus wäre eine Gelegenheit, das unsägliche Erbe des NS-Rassenwahns auch in Hamburg zu beseitigen. Es darf keine NS-Opfer erster und zweiter Klasse in Hamburg geben!
Pressekontakt:
Rudko Kawczynski, Rom und Cinti Union e. V.: kawczynski@web.de
Christiane Chodinski, VVN-BdA Hamburg: chodinski@freenet.de
Susanne Kondoch-Klockow, Auschwitz-Komitee in der BRD e.V.: kontakt@auschwitzkomitee.de
Weitere Informationen:
Der Brief an die Fraktionen zum Herunterladen (PDF)
Gezeichnet:
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e. V.
Landesverein der Sinti in Hamburg e. V.
Rom und Cinti Union e. V.
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Hamburg e. V.