Liebe Freundinnen und Freunde,
die ihr heute hier auf dem Domplatz in Erfurt demonstriert und zeigt: Dieser Anschlag auf die Demokratie ist nicht mit uns zu machen! Wir sind hier. Wir sind viele. wir sind unteilbar im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus!
Ich grüße euch!
„How dare you!“, sagte Greta aus Schweden kürzlich zu den Regierungschefs der Welt.
Wie können Sie es wagen! – sagen wir heute zu den Umfaller-Parteien im Erfurter Landtag, die einen Ministerpräsidenten von Gnaden des Faschisten Höcke gewählt haben, um ihre Pöstchen zu sichern. Sich „bürgerliche Mitte“ nennende Parteien haben sich durch diesen Tabubruch zu Steigbügelhaltern der autoritären Rechten gemacht – ein vorläufiger Höhepunkt im seit Jahren andauernden Prozess der Etablierung Neurechter in Politik und Gesellschaft.
Und nach der Wahl? Unverfroren wurden Linke mal wieder auf eine Stufe mit Neonazis, mit Faschisten gestellt. Die sogenannte „Extremismustheorie“ hat sich in Parteien wie FDP und CDU durchgesetzt: Sie verorten die „gute Mitte“ dort, wo sie selbst stehen, im rechten, nationalkonservativen Milieu und paktieren dann lieber mit Neurechten. Das kenne ich noch aus den 1930er Jahren, das hat mich und viele andere ins KZ Auschwitz gebracht.
„How dare you“ – Wie konnten Sie es wagen, solche Bündnisse zu schließen? Und dabei die entscheidende Lektion vergessen?
Genau 75 Jahre und neun Tage nach der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee wurde einfach mal so vergessen, einfach ignoriert – mal eben über Bord geworfen –, was mit Millionen Toten in mörderischen Zeiten erkauft wurde. Wir wissen: Die Nazis sind nie weggewesen, ihre Ideologie hat nie an Zugkraft verloren.
Die Empörung nach der Dammbruch-Wahl in Thüringen war groß. Gut, dass umgehend so viele protestiert haben: Antifaschist*innen, Gewerkschaften, Künstler*innen, Parteien.
Wir sind v i e l e. I h r s e i d h i e r. Noch hält der Damm. Wie lange aber wird er standhalten? Was können wir tun?
- Wir dürfen nicht zulassen, dass Neurechte und Neonazis sich die Straßen nehmen und ihre Menschenverachtung in Parlamenten und Medien ausleben können. Nicht in Erfurt, nicht in Dresden, in Berlin, Hamburg oder Pinneberg – nirgendwo.
- Wir wissen, wohin Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit, Antiziganismus führen.
- Wir wissen alle: Jeder einzelne Mensch, der in Kriegen getötet wird, ist einer zu viel. Das galt in Dresden 1945, das gilt in Syrien heute, das gilt in all den schmutzigen Kriegen weltweit.
- Wir müssen den antifaschistischen Konsens aus der Nachkriegszeit wieder stark machen, dieser kurze Funke der Hoffnung für die Überlebenden und die Davongekommenen –
Das NIE WIEDER KRIEG – NIE WIEDER FASCHISMUS.
Es brennt!
Ihr müsst alle aufstehen – wie müssen gemeinsam aufstehen gegen diese Neonazis, gegen Kriegstreiber, gegen Menschenverachtung und Waffenhandel.
Vergesst nie: Vor den Bomben auf Dresden und vor der Zerstörung des alten Europa war Auschwitz, das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz.
Zeigen wir, was WIR VIELEN mit der Kraft der Solidarität erreichen.
Zeigen wir, dass wir unteilbar sind im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus!
Eure
Ester Bejarano
(Vorsitzende)
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.