Auschwitz-Überlebende in aller Welt verabschieden sich mit schwerem Herzen, voller Dankbarkeit und Hochachtung von ihrer Freundin, Leidensgenossin, Weggefährtin und großen Schriftstellerin Zofia Posmysz, die heute im Alter von 98 Jahren im Hospiz zu Oswiecim verstorben ist.
Die 1923 geborene Zofia Posmysz war eine 18jährige Schülerin als sie als Angehörige des polnischen Widerstandes beim Verteilen von Flugblättern in Krakau von den Deutschen verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde. Nach zweieinhalbjähriger Haft in Auschwitz wurde sie nach Ravensbrück verschleppt. Ihre Befreiung erlebte sie als noch 21jährige junge Frau am 2. Mai 1945. Nach ihrer Rückkehr nach Polen und einem Studium war sie später als Journalistin beim polnischen Rundfunk tätig und begann ihren Weg als Autorin von Hörspielen und Schriftstellerin. 1962 erschien ihr bekanntestes Werk, das Hörspiel „Die Passagierin“, das dem polnischen Regisseur Andrzej Munk als Filmvorlage diente und den Komponisten Mieczyslaw Weinberg zu seinem Hauptwerk, der Oper „Die Passagierin“ inspirierte: Eine Auschwitz-Überlebende trifft auf einem Ozeandampfer auf der Überfahrt nach Amerika auf eine ehemalige SS-Angehörige, die sie in Auschwitz als Vorgesetzte eines Wachkommandos im Frauenlager von Birkenau erlebt hat. Die schon 1968 vollendete Oper konnte erst 2010 bei den Bregenzer Festspielen in Anwesenheit von Zofia Posmysz erstmals szenisch aufgeführt werden und erlebt seitdem weltweit zahlreiche Inszenierungen, bei denen Zofia Poszmyz häufig anwesend war und vom Publikum verehrt und getragen wurde. Ihrem Hörspiel hat Zofia Posmysz zahlreiche weitere Veröffentlichungen hinzugefügt, die belegen, welch zentrale Rolle die Erinnerung an ihre Mithäftlinge und das Erleben von Auschwitz in ihrem Leben eingenommen hat. Zofia Poszmysz war Trägerin des Ordens des Weißen Adlers, des höchsten Ordens der Republik Polen und des Bundesverdienstkreuzes.
Zum Tod von Zofia Posmysz betonte in Berlin Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees:
„Für Auschwitz-Überlebende war es immer ein großer Trost und eine große Beruhigung, daß die Stimme von Zofia Posmysz in der ganzen Welt hörbar war. Mit ihren literarischen Werken, die andere bedeutende Künstler aufschreckte und inspirierte, war sie eine Übersetzerin der Empfindungen und Erinnerungen vieler Überlebender von Auschwitz und auch eine Stimme der in Auschwitz Ermordeten. Getragen von ihrem katholischen Glauben und ihrer tief empfundenen Verpflichtung gegenüber ihren ehemaligen Mithäftlingen hat sie immer wieder das Gespräch mit jungen Menschen in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim/Auschwitz gesucht, die ihr zu einem Lebenszentrum und zu ihrer zweiten Heimat geworden ist. Zu den Gruppen, die sie zum Gespräch traf, gehörten über viele Jahre Auszubildende der Volkswagen AG, die sich in Auschwitz bei der Erhaltung der Gedenkstätte engagierten. „Mich hat Auschwitz nie verlassen“, war einer ihrer Kernsätze bei diesen Gesprächen, zu denen aber auch der Satz gehörte: „Die Gespräche mit Euch machen mir Mut und geben meinem Leben einen Sinn.“