Esther Bejarano, verstorbene Holocaust-Überlebende, Friedensaktivistin und Musikerin, hat sich ihr Leben lang für Versöhnung und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit eingesetzt – am 10. Juli 2021 ist sie verstorben. Anlässlich der Gedenkfeier zu ihrem 1. Todestag wurde der Vortragssaal im Stavenhagenhaus in „Esther-Bejarano-Saal“ benannt.
Ihr Kampf gegen Faschismus und gegen das Vergessen ist beispiellos. Esther Bejarano wurde 96 Jahre alt. Sie lebte seit 1984 im Brödermannsweg in Groß Borstel und fühlte sich mit den Menschen des Stadtteils verbunden. Sie war mehrfach Gast im Stavenhagenhaus und lud mehrfach zu ihren Geburtstagsfeiern dorthin ein – ihrem „öffentlichen Wohnzimmer“, wie sie gerne sagte. Die musikalische Würdigung zum 1. Todestag von Esther Bejarano übernahmen Esther Bejaranos Sohn, Joram Bejarano, mit der Band Microphone Mafia, und das mit ihr befreundete Hamburger Klavierduo Friederike Haufe/Volker Ahmels. Stellvertretend für Jugendliche, die Esther mit besonderem Engagement angesprochen hat, lesen Oberstufen-Schülerinnen aus Groß Borstel Texte aus Esther Bejaranos Buch Erinnerungen.
Den Höhepunkt bildete die kürzlich auf Anregung der Initiative Marcus und Dahl gemeinsam mit dem Kommunalverein, der Kirchengemeinde St. Peter und den Freunden des Stavenhagenhauses von der Bezirksversammlung beschlossene Umbenennung des großen Vortragssaals in „Esther-Bejarano-Saal“ durch den Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz. Er sagte: „Esther Bejarano war eine herausragende Persönlichkeit. Sie hatte immer eine klare politische Haltung und hat diese auch zu aktuellen Themen kundgetan. Darin liegt für mich auch ihr Vermächtnis. Wir müssen im hier und heute die Werte einer freien, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft verteidigen. Es ist unsere Aufgabe, Esther Bejaranos Erbe weiterzutragen, die Arbeit gegen das Vergessen, für ein „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“ und den Kampf gegen alte und neue Nazis weiterzuführen.“
Für die Initiative Marcus und Dahl e.V. sprach Dr. Hans-Heinrich Nölke: „Esther Bejarano kämpfte nach ihrer Rückkehr nach Deutschland für Versöhnung und gegen Menschenfeindlichkeit. Sie hält Vorträge über die Shoa in Schulen, erzählt von ihren Erinnerungen und mischt sich ein in tagespolitische Auseinandersetzungen über Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und war bundesweit und darüber hinaus bekannt. Ihr Motto, das sie insbesondere jungen Menschen vermittelte, war: Ihr habt keine Schuld an dieser Zeit. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.“
Helga Obens vom Auschwitz-Komitee erinnerte auch daran, welche Bedeutung der Saal für Esther Bejarano hatte: „Esthers Worte und Lieder bewegten und erreichten die Menschen. Wir vermissen sie. Dieser Saal im Stavenhagenhaus ist in der Tat ein magischer Ort. Hier feierte sie wunderbare Geburtstagsfeste mit Freunden und Freundinnen. Hier war der Treffpunkt für Überlebende der Shoa, für NS-Verfolgte, viele Jahre lang. Und sehr, sehr viele Freund:innen haben Esther dabei unterstützt. Aber es war auch oft Zeit für Empörung, wenn sie gesehen hat, wie laut die alten und neuen Nazis wieder sind. „Dann“, sagte sie „geh ich auf die Barrikaden.“ Sie musste dagegen kämpfen: „Ich singe, bis es keine Nazis mehr gibt“! Das müssen wir nun tun.“
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