Liebe Freundinnen und Freunde,
heute müssen wir euch mitteilen, dass unser Freund Roman Kent, geboren 1929 in Lodz, Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, am 21. Mai 2021 in New York nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 92 Jahren verstorben ist.
Im August 2017 sind wir uns in der Gedenkstätte KZ Auschwitz zuletzt begegnet. Anlass war die 15. Generalversammlung des Internationalen Auschwitz-Komitees. „Es ist an der Zeit, den Staffel–stab weiterzugeben“, hatte er dort gesagt. Er sorgte sich um die Zukunft der Gedenkstätte Auschwitz, forderte die Beteiligung der Überlebenden an der Arbeit. Seinen letzten Brief hat Roman Kent an den polnischen Ministerpräsidenten geschrieben und vor einer Nationalisierung und Monopolisierung der Gedenkstätte gewarnt.
Immer wieder forderte er die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechen. „Auch wer sich jahrelang vor der Justiz verstecken konnte, soll sich nie in der Sicherheit wiegen können, bis zum Ende des Lebens unbehelligt und unerkannt zu bleiben.[…] Wenn wir von den Opfern in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern sprechen, sollten wir immer daran denken, dass ihr Tod kein „Sterben“ im eigentlichen Sinn war. Sie wurden brutal umgebracht, ermordet und in Krematorien verbrannt. […]“ Immer wieder müsse erzählt werden, „dass die begangenen Verbrechen und Brutalitäten nicht durch die Sprache vernebelt werden. Es ist unerlässlich, jetzt und in der Zukunft die Ereignisse so zu beschreiben, wie sie wirklich waren, damit sie nicht mit dem Lauf der Zeit verzerrt werden.“
Das Internationale Auschwitz-Komitee schreibt zum Tode seines Präsidenten:
Roman Kent wurde 1925 in Lodz als Sohn der jüdischen Familie Kniker geboren, der in Lodz eine Textilfabrik gehörte. Ende 1939, nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, wurde die Familie Kniker – wie die anderen jüdischen Lodzer Familien auch – ins Ghetto gebracht, wo Romans Vater 1943 an den Folgen der Unterernährung starb. Die restliche Familie wurde 1944 nach der Liquidation des Ghettos nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo Roman von seiner Mutter und seinen Schwestern getrennt wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder Leon durchlebte Roman weitere Konzentrationslager, bis er auf einem Todesmarsch von Flossenbürg nach Dachau […] von amerikanischen Soldaten befreit wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder immigrierte Roman Kent 1946 in die USA, wo er als erfolgreicher Geschäftsmann lebte.
In Berlin gibt Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, bekannt:
„Auschwitz-Überlebende in aller Welt verabschieden sich mit großer Dankbarkeit und tiefer Wehmut von Roman Kent, der über viele Jahrzehnte ein konsequenter und wortgewaltiger Repräsentant ihrer Erinnerungen und ihres Lebens gewesen ist. Schon früh engagierte sich Roman Kent gemeinsam mit den Auschwitz-Überlebenden Noach Flug und Marian Turski, denen er noch aus dem Lodzer Ghetto verbunden war, für die Gesundheit und das Wohlergehen aller Überlebenden und für die Entschädigung, die den Häftlingen der deutschen Vernichtungsmaschinerie nach ihrer Sklavenhaft und ihrer Zwangsarbeit zustand. Seine deutschen Gesprächspartner schätzten seine sensible Offenheit und sein Interesse an einer gemeinsamen Zukunft, die auf den Fakten der Geschichte beruhte.“ Gemeinsam mit seiner Frau Hannah, die auch eine Auschwitz-Überlebende war, hat sich Roman Kent sein ganzes Leben hindurch für die Erinnerung, für die Toleranz und gegen den Antisemitismus engagiert.“
Roman Kent wird uns allen fehlen.
Euer
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Esther Bejarano, Vorsitzende