An diesem Tag wurde die Befragung des Gutachters Dr. Stefan Hördler abgeschlossen.
Die Befragung durch den Verteidiger Waterkamp wurde fortgesetzt. Es wurde nicht immer klar, warum Waterkamp welche Frage stellte und Hördler holte meist länger aus mit seinen Antworten. Waterkamp fragte nach den Möglichkeiten von Wehrmachtsangehörigen, sich von der SS zurückversetzen zu lassen. Kamen sie eventuell zurück, weil die SS sie „aussortierte“, weil sie zu alt waren? Hördler verwies auf ein Beispiel aus den Akten, mit dem er ein beiderseitiges Problem mit dem KZ-Dienst aus den Akten erklärte. In diesem Fall war der Mann „tauglich“, aber „dem Dienst nicht gewachsen“ – das hatte demnach mit dem Alter nichts zu tun. Waterkamp fragte, wieso er als Unterscharführer, also mit Rang, dem Dienst nicht gewachsen sein sollte – für Hördler spielte der durch Angleichung vergebene Rang hier keine Rolle (und Unterscharführer war auch nur ein früherer Unteroffizier, also niedrigen Ranges), sondern der Erstkontakt mit dem KZ-System. Der Fall wurde weiter diskutiert, weil der Soldat zur SS an die Front kam, obwohl er zum dem Zeitpunkt noch in der Wehrmacht war.
Waterkamp fragte nun nach Beispielen von Versetzungen aus der 1. Kompanie, aus der es nur dieses eine Beispiel gab. Nachdem Hördler die schlechte Quellenlage für die spätere Zeit erläutert hatte und auf einen Versetzungsstopp im Herbst 1944 wegen der Überfüllung des Lagers hinwies, vermutete Waterkamp, dass Reddig seine Truppe besonders straff „zusammenhielt“, worauf Hördler auf viele Versetzungen im Februar nach der Teilräumung hinwies, D. aber auch nicht versetzt wurde. Waterkamp mutmaßte, dass die 1. Kompanie vom Befehl, sich zur Versetzung zu melden, nicht gut informiert wurde, sonst hätte es hier ähnlich viele Versetzungen wie bei den anderen Einheiten gegeben.
Nach der Pause führte Waterkamp seine Befragung weiter. Er bezweifelte, dass die Wachleute wussten, ob sie offiziell noch in der Wehrmacht waren und daher leichter versetzt werden konnten. Hördler verwies auf das Fehlen von Ego-Dokumenten, aber auf jeden Fall wurde in Befehlen vor dem 1. September 1944 die Zuordnung zur Wehrmacht immer erwähnt. Waterkamp verwies nun auf eigene Recherchen zu einem Wachmann, der sich umbrachte und zuvor sehr getriezt worden war. Hördler entgegnete, dass die Perspektive der Wachleute, die versetzt werden wollten, in den Akten nicht deutlich wurde, weil die SS die Schuld am Herauswollen nicht auf den KZ-Dienst, sondern auf die Person schob. Waterkamp fragte nach dem Strafreglement für SS-Männer, ob es die im KZ gab. Hördler gab an, dass meist wegen Korruption bestraft wurde und verwies auf Dirlewanger als Strafeinheit für die SS. Waterkamp fragte nun (etwas kurios), ob Hördler sich in der „Täterforschung“ auskenne. Seiner Meinung nach werde dort die „Kameradschaft“ als prägendes Element hervorgehoben (was er aus dem Sammelband „Täterschaften“ herauszulesen meinte). Hördler erklärte, dass der NS eine „Zustimmungsdiktatur“ war mit wenig Widerstand und einer starken Einwirkung auf die Jugend.
Hier hakte Meier-Göring ein und erwähnte die starke Beeinflussung gerade in der 1. Kompanie mit überzeugten Nationalsozialisten in der Führung. Hördler ergänzte, die unterschiedliche Wertigkeit von Menschen sei in der SS wie allgemein im NS (Beispiel Zwangsarbeit) akzeptiert. Mit der Vergabe der Nummer wurde ein Häftling aus der Menschheit degradiert und im KZ bestimmten rassistische Hierarchien gegen Juden und Osteuropäer den Wert. Stutthof hatte eine besonders hohe Sterblichkeit und erhielt besondere Einrichtungen zur Tötung. Dies war erwünscht, denn Hoppe wurde noch im April 1945 befördert.
Staatsanwalt Mahnke interessierte sich für die Versorgungslage, die laut Hördler von einer dauerhaften Unterversorgung geprägt war und wo insbesondere die Neueinweisungen im Herbst 1944 nicht vorbereitet waren. Unterschieden wurde in der Versorgung der Häftlinge nach Wert als Facharbeiter, wogegen Bauhäftlinge auch länger arbeiten mussten.
Von den Vertretern der Nebenkläger gab es wenig Nachfragen. RA Niwinski fragte nach der Form der Anrede, D. hatte ausgesagt, er habe das „Du“ vermieden. Hördler bestätigte, dass dies den Anordnungen entsprach, wonach die SS als „Staatsfeinde“ mit „Sie“ anreden sollte.
Meier-Göring bat trotz der vorgeschrittenen Zeit um Fragen, und als keine kamen, entließ sie den Sachverständigen.